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15. Wissenschaftliches Symposium: Das Augustiner-Chorherrenstift Böddeken als Reformzentrum

11.03.2023

Referierende: Daniel Götte, M.A.; Dr. Helga Fabritius; Prof. Dr. Hans-Walter Stork; Vivien Bienert, M.A.

Beim diesjährigen 15. wissenschaftlichen Symposium des Kreismuseums Wewelsburg am 11. März stand das Stift Böddeken im Zentrum des Interesses. Bereits 837 gründete der Paderborner Diakon Meinolphus nur rund zwei Kilometer von der heutigen Wewelsburg entfernt ein Damenstift, das damit nach dem Damenstift Herford und Kloster Corvey zu den ältesten geistlichen Gründungen der Region gehört. Obwohl das Stift damit zu den bedeutenden Orten im Paderborner Land gehört, ist die Erinnerung und das Wissen darum abseits der historischen und kunsthistorischen Wissenschaft wenig ausgeprägt. Ein Ziel des Symposiums war es deshalb, Aspekte der reichen Böddeker Geschichte herauszuheben und einem weiteren interessierten Publikum zugänglich zu machen. Ein weiteres Ziel des Symposiums war, hierdurch auf die diesjährige Sonderausstellung des Kreismuseums hinzuweisen: Vom 17. Juni bis 17. September wird das Kreismuseum anlässlich des 900. Jahrestags der Erstnennung der Wewelsburg die Sonderausstellung „1123: Die Wewelsburg im Mittelalter“ zeigen. In dieser wird es neben der Geschichte der Burg, bevor diese ab 1603 zum Schloss auf dreieckigem Grundriss umgestaltet wurde, auch um das nahe gelegene Stift Böddeken und ihre Beziehung über die auf der Wewelsburg lebenden Adelsfamilien gehen.

Dass das Konzept aufging, belegte das Interesse der rund 70 angemeldeten Personen, die zwischen 14 und 18 Uhr vier reichhaltige Vorträge hörten und sich an der Diskussion beteiligten. Nach Grußworten von der stellvertretenden Landrätin des Kreises Paderborn, Verena Haese, und des Vorsitzenden des Fördervereins Kreismuseum Wewelsburg e. V., Kreisdirektor a. D. Heinz Köhler, referierte zunächst Daniel Götte, promovierter Mediävist und derzeitiger wissenschaftlicher Volontär am Kreismuseum Wewelsburg, über „Böddeken – Stift des Meinolf, der Kanonissen und der Augustiner Chorherren“. Er spannte damit den Bogen von der Gründung des Damenstifts und seines Gründerheiligen Meinolf über die quellenmäßig wenig beleuchtete Zeit des Früh- und Hochmittelalters bis zum Niedergang des Damenstifts im 14. Jahrhundert infolge von Fehden, der Pest und Siedlungsreduktion im Paderborner Land. Um 1400 lebte im Stiftsbereich nur noch die letzte Äbtissin, Walburg vor dem Walde, mit einer Dienerin. 1408/09 übertrug Bischof Wilhelm von Paderborn das Stift an die Augustiner Chorherren aus dem niederländischen Zwolle, die es in ein Augustiner-Chorherrenstift umwandelten. Innerhalb weniger Jahrzehnte gelangte das Stift Böddeken zu neuer wirtschaftlichen Blüte und avancierte im Reich zum Reformzentrum innerhalb der Windesheimer Kongregation. 25 Konvente wurden von Bad Segeberg im Norden bis Zürich im Süden von Böddeken aus reformiert und neugegründet und zwar einerseits geistlich als auch wirtschaftlich.
Es folgte ein Vortrag von Dr. Helga Fabritius, wissenschaftliche Mitarbeiterin am LWL-Landesmuseum für Klosterkultur in Dalheim, zum Augustiner-Stift Dalheim, das von Böddeken aus gegründet wurde. Grundlage dafür bildete ein im 12. Jahrhundert errichtetes, aber Ende des 14. Jahrhunderts aufgegebenes Frauenkloster. 1429 wurde dieses durch Böddeker Chorherren wiederbesiedelt und 1452 selbstständig. Es folgte der Neubau der Stiftsanlage westlich des alten Klosters, wobei zwischen 1460 und 1470 die noch heute erhaltene Kirche errichtet wurde und eine Klausur mit Kreuzgang entstand. Die Referentin beleuchtete die Baugeschichte von Kirche und Kreuzgang und rekonstruierte das Bildprogramm der Wand- und Deckenmalereien im Kreuzgang.

Nach einer Pause referierte Prof. Dr. Hans-Walter Stork, Leiter der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek Paderborn, über den Bibliotheksraum des Augustiner-Chorherrenstifts Böddeken. Durch die Augustiner Chorherren wurden nach 1409 umfangreiche Umbauten an den teils verfallenen älteren Konventsgebäuden durchgeführt. Unter anderem wurde im Ostflügel der Klausur im Obergeschoss ein Bibliotheksraum eingerichtet, der noch Teile seiner spätgotischen Ausmalung aufweist. Über einem Sockel, vor dem die Buchregale aufgestellt waren, befanden sich figürliche Wandmalereien. Im Vergleich mit dem von Böddeken und Niederwerth aus besiedelten Stift Eberhardsklauen bei Bernkastel-Kues und dessen ungleich besser erhaltenem Bibliotheksraum konnte er Hinweise auf die Gestaltung der Böddeker Bibliothek rekonstruieren: Darstellungen von für die Windesheimer Kongregation bedeutsamen Kirchenvätern und Gelehrten prangten über den darunter aufgestellten theologischen Schriften.
An Storks Vortrag schloss sich der Beitrag von Vivien Bienert an. Bienert promovierte am kunsthistorischen Institut der Universität Kiel bei Prof. Dr. Gereon Beuckers über die Buchproduktion und Buchmalerei im Augustiner-Chorherrenstift Böddeken im 15. Jahrhundert. Als Expertin für die Böddeker Buchmalerei des 15. Jahrhunderts konnte sie am Beispiel der Gestaltungen von Initialen in Handschriften aus dem ehemaligen Bestand Böddekens spezielle Formen der Blumenmalerei herausarbeiten. Ohne dass in der schriftlichen Überlieferung eine entsprechende Maler-Schule in Böddeken oder mehrere mit Buchmalereien betraute Chorherren namentlich greifbar wären, konnte sie durch Stilvergleich spezifische Gestaltungen herausarbeiten und somit die sich in den kostbaren illuminierten Handschriften Böddeker Provenienz spiegelnde Kunstfertigkeit deutlich machen.

Das Symposium schloss mit einer Zusammenfassung durch Dr. Erik Beck, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kreismuseum Wewelsburg, in der er zentrale Aspekte hervorhob. Gerade im 15. Jahrhundert sei Böddeken eine bedeutsame Größe innerhalb der Reformbewegung der Devotio moderna und der Windesheimer Kongregation gewesen. Handschriften und Bücher sowie Augustiner-Chorherren wurden von Böddeken aus in die zu reformierenden Stifte und Klöster geschickt und verbreiteten dort die Ideen und Inhalte aus Böddeken. Das Stift wurde so im 15. Jahrhundert zu einem wichtigen Knoten im Netzwerk der Windesheimer Kongregation.

Erik Beck

vorne v.l.: Dr. Helga Fabritius (Stiftung Kloster Dalheim, LWL-Landesmuseum für Klosterkultur), Verena Maria Haese (stellvertretende Landrätin des Kreises Paderborn), Vivien Bienert M. A. (Universität Kiel), Daniel Götte M. A. (Kreismuseum Wewelsburg), Heinz Köhler (Vorsitzender Förderverein Kreismuseum Wewelsburg e.V., Kreisdirektor a.D.),  hinten v.l.: Prof. Dr. Hans-Walter Stork (Erzbischöfliche Akademische Bibliothek Paderborn), Kirsten John-Stucke M. A. (Leiterin Kreismuseum Wewelsburg), Dr. Erik Beck (Kreismuseum Wewelsburg).
vorne v.l.: Dr. Helga Fabritius (Stiftung Kloster Dalheim, LWL-Landesmuseum für Klosterkultur), Verena Maria Haese (stellvertretende Landrätin des Kreises Paderborn), Vivien Bienert M. A. (Universität Kiel), Daniel Götte M. A. (Kreismuseum Wewelsburg), Heinz Köhler (Vorsitzender Förderverein Kreismuseum Wewelsburg e.V., Kreisdirektor a.D.), hinten v.l.: Prof. Dr. Hans-Walter Stork (Erzbischöfliche Akademische Bibliothek Paderborn), Kirsten John-Stucke M. A. (Leiterin Kreismuseum Wewelsburg), Dr. Erik Beck (Kreismuseum Wewelsburg).
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