Die beiden Helfer: Zahnbürste und Drahtbürste

Geschichte hat mich immer interessiert, schon seitdem ich Kind war. Da tauchten im Laufe der Zeit viele Fragen auf: Woher komme ich und wohin werde ich wohl gehen? Und woher kommen die anderen und wohin gehen sie? Was ist denen passiert?
Und wie kann das erforscht werden?
Auf die Fragen Antworten zu finden, war mein Ziel. Menschen befragen, Bilder schauen, Bücher lesen, vielleicht sogar selber forschen? Und dann das Erforschte anderen erzählen? Das müssen die anderen unbedingt wissen!
Seit dem März 1997 mache ich Führungen im Kreismuseum Wewelsburg, zuerst im Historischen Museum des Hochstifts Paderborn, dann auch und bald vor allem in der Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg. Hier geht es um die Geschichte der SS und des KZ in Wewelsburg von 1933 bis 1945. Menschen waren bereit, für eine Ideologie, die sie verwirklichen wollten, andere Menschen umzubringen. Wie ist das passiert? Und wo ist das passiert? Gibt es noch Spuren?
Seit November 2003 mache ich regelmäßig sogenannte Workcamps am ehemaligen Schießstand der SS in Wewelsburg, der von Häftlingen des KZ Niederhagen 1941 im nahe gelegenen Wald angelegt wurde. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Schießstand noch mehrere Jahre von alliierten Soldaten weitergenutzt, bis er teilweise zerstört und mit Erde, Schutt und Haushaltsmüll verfüllt wurde.
Mit dem Anpflanzen von Bäumen sollte er unsichtbar werden und in Vergessenheit geraten. Mit den Workcamps durch Jugendliche und Erwachsene aus Deutschland und aus dem Ausland wird die Vergangenheit freigelegt. Die Teilnehmenden leisten auf diese Weise aktive Erinnerungsarbeit, indem sie nicht nur einen Ort des SS-Terrors sichtbar machen, sondern vor allem die Schicksale der dort zu Tode gekommenen Menschen vor dem Vergessen bewahren. Schutt und Erde werden nach Ende der Workcamps abgefahren. Es bleiben die Funde. Die bei den Workcamps gemachten Funde werden gereinigt, identifiziert, kommen ins Magazin oder in die Dauerausstellung bzw. in Sonderausstellungen. Wichtige Hilfsmittel beim Saubermachen sind die Zahnbürste mit weichen Borsten für empfindliche Sachen wie Gläser sowie die Drahtbürste mit feinen Borsten für bestimmte metallische Funde. Beide Bürsten sind wichtige Helfer, die verdeckenden Schichten der Vergangenheit zu entfernen und den Originalzustand wiederzuentdecken.
Sehe ich die beiden Bürsten, denke ich an die vergangenen Workcamps und freue mich schon auf die, die noch stattfinden werden.
Und so heißt es: Weitermachen, bis Antworten auf die eingangs gestellten Fragen kommen!

Norbert Ellermann, Museums- und Gedenkstättenpädagoge